Integritätsverletzungen wie Mobbing, sexuelle Belästigung und Diskriminierung entstehen selten aus dem Nichts. Meist kündigen sich problematische Dynamiken schleichend an, durch Verhaltensweisen, die zunächst kaum auffallen, aber ein ungutes Gefühl hinterlassen.
Red Flags: Subtile Signale mit grosser Bedeutung
Red Flags sind Signale, die auf einen möglichen Verstoss gegen persönliche Grenzen oder institutionelle Werte hindeuten. Es sind Verhaltensmuster oder Aussagen und Bemerkungen, die nicht zwangsläufig strafbar sind, aber dennoch kritisch hinterfragt werden müssen.
Beispiele für Red Flags:
- Abwertende Kommentare über Aussehen, Herkunft oder Lebensstil
- Wiederholte Unterbrechungen oder Ignorieren von Wortmeldungen
- „Witze“ mit sexistischem, rassistischem oder herabwürdigendem Inhalt
- Auffällige Machtungleichgewichte, z. B. durch ständiges Kontrollverhalten
- Verdecktes Ausschliessen aus sozialen oder beruflichen Zusammenhängen
Was diese Beispiele verbindet: Sie untergraben auf subtile Weise Respekt, Zugehörigkeit und Gleichbehandlung.
Warum Red Flags ernst genommen werden müssen
Red Flags deuten auf tieferliegende strukturelle oder persönliche Muster hin. Wer sie übersieht oder verharmlost, läuft Gefahr, dass sich destruktive Verhaltensweisen verfestigen, bis hin zu manifestem Mobbing oder sexueller Belästigung.
Frühes Erkennen hat mehrere Vorteile:
- Schutz für Betroffene durch rechtzeitiges Eingreifen
- Stärkung der Organisationskultur, in der Respekt und Integrität gelebt werden
- Entlastung für Führungskräfte, die so nicht erst bei Eskalationen reagieren müssen
Hinschauen. Ansprechen. Verantwortung übernehmen.
Das Ansprechen von Red Flags erfordert Mut und Feingefühl. Oft sind es keine klaren Grenzverletzungen, sondern Graubereiche. Doch genau dort beginnt Prävention.
Hilfreiche Schritte:
- Beobachtungen konkret formulieren („Mir ist aufgefallen, dass …“ statt „Du bist immer so …“)
- Wirkung beschreiben, nicht Absicht unterstellen („Diese Aussage wirkt entwertend“ statt „Du willst andere klein machen“)
- Unterstützung suchen: Gerade bei wiederholten oder strukturellen Mustern sollten Führungskräfte, HR oder externe Stellen (z. B. Fachstellen) einbezogen werden.
- Sich selbst reflektieren: Auch eigene Verhaltensweisen können unbeabsichtigt Red Flags setzen. Offenheit für Feedback gehört zur Kultur der Integrität.
Fazit
Red Flags sind keine Nichtigkeiten, sondern Frühwarnsysteme. Wer sie erkennt und benennt, trägt zur Prävention und zur Stärkung eines respektvollen, sicheren Arbeitsumfelds bei.
Red Flags zu ignorieren, bedeutet, Risiken für Einzelne und für die gesamte Organisation einzugehen. Denn Integrität beginnt nicht erst mit dem Übergriff, sondern mit der Haltung im Kleinen.