Wenn ein Fall von Verletzung der persönlichen Integrität wie Mobbing, sexuelle Belästigung oder Diskriminierung auftritt, ist es wichtig, zeitnah zu reagieren. Arbeitgebende haben im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht dafür zu sorgen, dass Mitarbeitende wissen, an wen sie sich bei Vorfällen mit welchen Konsequenzen wenden können.
Vertrauliche Anlaufstelle – warum sie so wichtig ist
Man unterscheidet zwischen einer informellen, vertraulichen Behandlung und einer formellen Behandlung einer Meldung durch die Arbeitgebenden. Führungspersonen müssen bei Meldungen dafür sorgen, dass diese geklärt werden. Diese Verpflichtung setzt der Möglichkeit von Vorgesetzten enge Grenzen, eine Meldung vertraulich zu behandeln.
Für Betroffene ist es jedoch oft entscheidend, zuerst in einem vertraulichen Rahmen über das Erlebte zu sprechen. Deshalb ist es wichtig, Vertrauenspersonen innerhalb oder ausserhalb des Betriebs zu benennen, an welche sich Mitarbeitende bei auftretenden Problemen wenden können.
Die Notwendigkeit der Einrichtung einer vertraulichen Ansprechstelle für Vorfälle der Verletzung der persönlichen Integrität wird durch ein entsprechendes Bundesgerichtsurteil aus dem Jahr 2012 gestützt und ist für alle Unternehmen inkl. KMUs Pflicht.
Aufgaben von Vertrauenspersonen
Aufgabe der Vertrauenspersonen ist es, die ratsuchenden Personen bei der Problemlösung zu unterstützen. Sie zeigen Handlungsmöglichkeiten und mögliche Konsequenzen auf und stehen unter Schweigepflicht. Sie begleiten auf Wunsch zu Gesprächen mit Führungskräften oder HR, handeln aber stets nur nach Absprache und mit dem Einverständnis der betroffenen Person.
Die Vertrauensperson sollte einerseits vermittelnd zur Lösung eines Falles beitragen, gleichzeitig ist sie aber auch parteiisch, da es in erster Linie ihre Aufgabe ist, die ratsuchende Person zu unterstützen.
Wichtige Rahmenbedingungen:
- Aufgaben, Kompetenzen und Schweigepflicht der Vertrauenspersonen müssen klar geregelt sein.
- Vertrauenspersonen benötigen eine spezifische Ausbildung.
- Fingerspitzengefühl und diplomatisches Geschick sind unverzichtbar.
- Es ist sinnvoll, mindestens eine männliche und eine weibliche Vertrauensperson zu benennen.
Die Fachstelle Mobbing und Belästigung bietet massgeschneiderte Schulungen für Vertrauenspersonen – auf Wunsch direkt im Betrieb – an.
Interne oder externe Vertrauensperson/en?
Als Vertrauenspersonen kommen sowohl betriebsinterne als auch externe Personen in Frage.
Interne Vertrauenspersonen
Wenn sich Arbeitgebende für interne Vertrauenspersonen entscheiden, müssen diese verschwiegen, vertrauens- und glaubwürdig sein. Sie müssen zwingend eine Position ausserhalb der Linie haben und unabhängig agieren.
Geeignet sind beispielsweise:
- Mitarbeitende des Sozialdienstes
- Gleichstellungsbeauftragte
- Beauftragte für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
- Mitglieder der Personalkommission
Aufgrund von Interessenkonflikten sind HR-Fachpersonen für diese Rolle in der Regel ungeeignet. In kleinen und mittleren Betrieben ist es deshalb meist nur beschränkt möglich, eine geeignete interne Person für diese Funktion zu finden.
Externe Vertrauensstelle
Eine sehr gute Alternative zu internen Vertrauenspersonen sind externe Fachleute, welche die Aufgabe der externen Vertrauensstelle übernehmen.
Vorteile externer Anlaufstellen:
- Unabhängigkeit von betrieblichen Strukturen
- professionelle Distanz
- von Betroffenen oft als hilfreicher oder ausdrücklich gewünscht empfunden
Von der Beratung zur formellen Beschwerde
Möchte die betroffene Person nach der Beratung einen Schritt weitergehen, kann sie eine formelle Beschwerde bei dem/der Arbeitgeber:in einreichen. Damit wird ein formelles Verfahren eröffnet, bei dem das Unternehmen verpflichtet ist, dem Vorfall nachzugehen.
Fazit: Vertrauen braucht klare Strukturen
Der Schutz vor Mobbing, sexueller Belästigung und Diskriminierung ist keine Frage des guten Willens, sondern eine gesetzliche Verantwortung. Vertrauenspersonen spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie geben Sicherheit, Orientierung und stärken das Vertrauen in den Umgang des Unternehmens mit sensiblen Situationen.
Ob intern oder extern: Wichtig ist, dass Betroffene eine kompetente und geschützte Anlaufstelle haben. Nur so entsteht ein Arbeitsumfeld, in dem persönliche Integrität gewahrt bleibt und Mitarbeitende sich mit ihren Anliegen ernst genommen fühlen.
Unternehmen, die klare Strukturen schaffen und eine offene Gesprächskultur fördern, leisten einen wichtigen Beitrag zu Fairness, Gesundheit und Zusammenarbeit im Betrieb.